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Gliederketten (Rundstahlketten) und Anschlagmittel


d = Nenndicke; t = Teilung

Gliederketten (oder auch Rundstahlketten) sind in der Regel von ihrem grundsätzlichen Aufbau identisch. Gliederketten und Rundstahlketten bestehen aus runden oder ovalen ineinander greifenden Ringen. Ausnahme bilden beispielsweise Patent-, Knoten- und Kugelketten, deren Form von der Ringform abweicht.

Diese Bauform der Kette wurde bereits in der Bronzezeit als Schmuckstück verwendet. Ein Schöpfwerk mit Gliederkette bzw. Rundstahlkette wurde bereits im 1. Jahrhundert v.Chr. von dem römischen Architekten und Ingenieur Marcus Vitruvius Pollio gebaut. Ihre Bedeutung errang die Gliederkette (Rundstahlkette) aber erst mit dem Einsatz der Industrialisierung.

Danach wurde die Gliederkette im Bergbau, in der Landwirtschaft und überall sonst eingesetzt, da sie nun durch die industrielle Fertigung in großen Mengen verfügbar war.

Die Verwendung von Gliederketten ist höchst unterschiedlich. Sie reicht vom Anschlagmittel zum Heben von Lasten von mehreren Tonnen, über das Absperren von Bereichen und Markieren von Gefahrenzonen bis hin zu einfachen Zierzwecken.
Werden die Gliederketten für Anschlag-, Hebe- oder Zurrzwecke verwendet, muss unbedingt auf die Eignung bzw. Zulassung der Kette für die jeweilige Anwendung geachtet werden, um Unfälle und Personenschäden zu vermeiden.

Einteilung von Rundstahlketten

Rundstahlketten für Hebezwecke

Zum Heben von Lasten aller Art werden Hebezeuge, also beispielsweise Krane oder Flaschenzüge, verwendet. Rundstahlketten, die zum Heben von Lasten verwendet werden, unterscheidet man in Ketten, die zum Hebezeug gehören und Ketten, die nicht dazu gehören. Kettentriebe, die in Hebezeuge fest eingebaut sind, gehören zum Hebezeug und werden als Tragmittel bezeichnet. Diese Kettentriebe bestehen aus der Lastkette sowie Umlenkrollen, Kettenrädern oder Kettenrollen. Zum Tragmittel gehört außer dem Kettentrieb auch der mit der Lastkette fest verbundene Lasthaken.

Anschlagmittel sind nicht zum Hebezeug gehörende Einrichtungen. Sie stellen die Verbindung zwischen dem Tragmittel und der Last her. Die aus einer oder mehreren Rundstahlketten bestehenden Anschlagketten sind dafür mit Aufhänge- und Anschlagteilen verbunden, die das Einhängen der Lasten in die Hebevorrichtung ermöglichen.

Rundstahlketten ohne Belastungsprüfung nach DIN 5685

Diese Ketten dürfen nicht als Lastaufnahmemittel, Anschlagmittel oder Tragmittel in Verbindung mit Kranen oder Hebezeugen, also nicht für Hebevorgänge aller Art, verwendet werden. Die Rundstahlketten sind nicht auf Festigkeit geprüft. Die Normen DIN 5685-1 bis -3 sehen jedoch in allen 3 Teilen in den jeweiligen Anhängen eine rechnerische, statische Belastbarkeit vor. Sollten diese Ketten statisch belastet werden, z. B. als Aufhängung für Beleuchtungskörper oder Ähnliches, so liegt die alleinige Verantwortung hierfür beim Benutzer.

Geprüfte Rundstahlketten

Sie haben während der Fertigung eine Kraft erfahren, die zwischen der Tragfähigkeit und der Mindestbruchkraft liegt. Durch das Aufbringen der Prüfkraft auf die Kette wird sichergestellt, dass die Kette bei bestimmungsgemäßem Gebrauch sich weder längt noch reißt. Geprüfte Rundstahlketten werden in unterschiedlichen Güteklassen hergestellt. Sie sind das Unterscheidungsmerkmal für Ketten unterschiedlicher mechanischer Eigenschaften. Als Güteklassen-Kennziffer wird für Ketten zum Heben und Fördern die 1. Ziffer der Bruchspannung verwendet, z. B. Güteklasse 6 von einer Bruchspannung von 630 N/mm². So sind geprüfte Rundstahlketten nach DIN 763 (Bruchspannung = 250 N/mm²) für statische Aufhängungen zugelassen. Sie dürfen jedoch nicht als Anschlagmittel oder Tragmittel in Verbindung mit
Hebezeugen, damit nicht für dynamische Hebevorgänge aller Art, verwendet werden. Hingegen sind Rundstahlketten nach EN 818-2 (Bruchspannung = 800 N/mm²) für den Einsatz in Anschlagketten zugelassen.

Lehrenhaltige Ketten

Lehrenhaltige Ketten ist die in der Kettenindustrie übliche Bezeichnung für Rundstahlketten mit kleineren Toleranzen als bei nicht lehrenhaltigen Ketten. Diese Ketten sind feintoleriert und eignen sich zum Lauf über Kettenräder. Ein einwandfreier Lauf kann allerdings nur garantiert werden, wenn die Ketten auf die Räder aufkalibriert werden. Geprüfte, lehrenhaltige Ketten nach DIN 766 sind Rundstahlketten für Hebezeuge und zum Heben von Lasten geeignet. Sie sind auch für dynamische Hebevorgänge, jedoch nicht für motorisch angetriebene Hebezeuge und als Anschlagketten zugelassen.

Kennzeichnung geprüfter Rundstahlketten

Um Verwechslungen mit Rundstahlketten ohne Belastungsprüfung zu vermeiden, werden geprüfte Rundstahlketten mit einem Herstellerzeichen oder Prüfstempel auf dem ungeschweißten Gliedschenkel
gekennzeichnet. Diese Kennzeichnung ist in Abständen von nicht mehr als 1 m vom Hersteller anzubringen. Jeder einzelne Kettenstrang von unter 1 m Länge muss mindestens ein Kennzeichen tragen.

Vor Verwendung der Ketten ist stets auf das Herstellerkennzeichen bzw. auf den Prüfstempel zu achten.

Zur sicheren Unterscheidung müssen Anschlagketten außerdem mit einem Anhänger versehen sein, der folgende Mindestangaben enthält:

  • eine Kennung der Güteklasse (Anhänger-Form)
  • eine Kennzahl für die Anzahl der Kettenstränge
  • eine Kennzahl für die Nenndicke der Kette
  • ein Sinnbild für den max. Neigungswinkel
  • die Tragfähigkeit in kg oder t, bei mehrsträngigen Ketten für
    • einen Neigungswinkel bis 45 ͦ ,
    • einen Neigungswinkel von über 45 ͦ bis 60 ͦ


Auswahl geeigneter Anschlagmittel

Auswahl geeigneter Anschlagmittel nach ihren Haupteigenschaften

Haupteigenschaften von Rundstahlketten

Vorteile

  • robust
  • langlebig
  • unempfindlicher gegen Kanten und raue Oberflächen
  • hitzebeständig
  • leicht und sicher längenverstellbar
  • individuell zusammenstellbar

Nachteile

  • keine Eigensteifigkeit (Durchschieben)
  • aufwändige Prüfung
  • hohes Eigengewicht

Einsatzgebiet

Rauer Betrieb, wo es weniger auf die Oberfläche der Last ankommt.

Haupteigenschaften von Hebebändern und Rundschlingen

Vorteile

  • hohe Tragfähigkeit bei geringem Gewicht
  • leichte Handhabung, gut für Schnürgang
  • Hebebänder eigensteif
  • lastschonend und rutschhemmend

Nachteile

  • nicht verkürzbar
  • sehr empfindlich gegen raue Oberflächen, scharfe Kanten und Hitze

Einsatzgebiete

Überall, wo besonders leichte und Oberflächen schonende Anschlagmittel erforderlich sind, jedoch keine rauen Bedingungen herrschen.

Auswahl nach der Tragfähigkeit der Anschlagmittel

Für die Auswahl des geeigneten Anschlagmittels ist die Tragfähigkeit von entscheidender Bedeutung. Dabei sind belastungsreduzierende Effekte, die die Tragfähigkeit herabsetzen, zu beachten.
Diese sind im Wesentlichen

  • der Neigungswinkel,
  • die Anschlagart,
  • die Symmetrie der Belastung und
  • Temperatureinflüsse

Der Neigungswinkel

Die Tragfähigkeit von Anschlagmitteln hängt davon ab, welchen Neigungswinkel β die Stränge von der Last zum Aufhängepunkt zur Senkrechten bilden.

Dabei ergibt sich die Tragfähigkeit eines Stranges mit dem Neigungswinkel β wie folgt:


WLLb = WLL x cos β

mit
WLL = Tragfähigkeit eines senkrecht hängenden Stranges
WLLb = Tragfähigkeit eines Stranges mit dem Neigungswinkel β

Demzufolge nimmt die Tragfähigkeit mit zunehmendem Neigungswinkel ab. Zwecks leichterer Handhabung wird üblicherweise in Belastungstabellen die Tragfähigkeit für einen Neigungswinkel bis 45 ͦ und einen Neigungswinkel von mehr als 45 ͦ bis 60 ͦ angegeben.


Anschlagarten

Anschlagmittel können unterschiedlich an die Last angeschlagen werden. Man unterscheidet hierbei zwischen direktem, geschnürtem und umgelegtem Anschlag.

Anschlagart direkt

In diesem Fall werden Anschlagteile direkt mit den Anschlagpunkten verbunden. Das Zusammenpassen von Haken und Anschlagpunkten sollte dabei beachtet werden, sodass die Last gut im Hakengrund aufliegt und eine Belastung der Hakenspitze vermieden wird. Im Falle von mehrsträngigen Anschlagmitteln sollten die Hakenspitzen nach außen zeigen, es sei denn, die Haken sind für eine andere Benutzung entsprechend konstruiert.

Anschlagart geschnürt (Schnürgang)

In diesem Fall werden die Stränge des Anschlagmittels durch eine Last geführt oder unter einer Last hindurchgeführt und das Anschlagteil im Strang eingehängt. Diese Anschlagart kann benutzt werden, wenn keine geeigneten Anschlagpunkte vorhanden sind und bietet den weiteren Vorteil, dass das Anschlagmittel die Last zusammenschnürt. Bei Anwendung des Schnürganges ist die Tragfähigkeit des Anschlagmittels auf 80 % (Belastungsfaktor 0,8) der gekennzeichneten Tragfähigkeit begrenzt.

Anschlagart umgelegt (Hängegang)

Auch hier wird ein Strang durch durch eine Last geführt oder unter einer Last hindurchgeführt, aber in diesem Fall werden die Anschlagteile direkt im Aufhängeglied oder im Lasthaken des Krans oder Hebezeugs eingehängt. Diese Anschlagart ist nicht geeignet zum Heben von losen Bündeln. Im Allgemeinen sind mindestens zwei Stränge erforderlich. Wenn es die äußere Form der Last erlaubt, kann auch ein einsträngiges Anschlagmittel verwendet werden, vorausgesetzt, der Strang wird durch die Last oberhalb des Schwerpunktes der Last hindurchgeführt.

Symmetrie der Belastung

Die Tragfähigkeitswerte aus Belastungstabellen sind auf der Grundlage festgelegt, dass die Neigungswinkel der Einzelstränge beim Anheben der Last gleich groß sind. Dadurch wird die Beanspruchung in den Einzelsträngen des Anschlagmittels symmetrisch verteilt. Mit einer ungleichen Verteilung der Last auf die Stränge des Gehänges ist bei asymmetrischen Lasten oder bei einem nicht mittig liegenden Lastschwerpunkt zu rechnen.

Hier tritt die größte Beanspruchung in dem Einzelstrang mit dem kleinsten Neigungswinkel β2 auf. Im Extremfall wird ein senkrecht hängender Einzelstrang die gesamte Last tragen.

Temperatureinflüsse

Beim Einsatz von Anschlagmitteln ist der Einfluss der Temperatur auf die Tragfähigkeit zu berücksichtigen. Rundstahlketten der Güteklassen 8 und 10 können in einem Temperaturbereich von -40 ͦ C bis +200 ͦ C mit 100 % der Tragfähigkeit eingesetzt werden. Für Temperaturen über +200 ͦ C gibt die nachfolgende Tabelle die verbleibende Tragfähigkeit in % an.

Grundsätzliches zur Anwendung von Anschlagketten

Im Folgenden sind einige allgemeine Hinweise zur Nutzung von Rundstahlketten als Anschlagmittel aufgeführt. Sie ersetzen nicht die für die jeweiligen Ketten geltenden Montage-, Wartungs- und/oder
Gebrauchsanleitungen und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

  • Anschlagketten sind in Abständen von längstens einem Jahr durch einen Sachkundigen zu prüfen. Je nach den Einsatzbedingungen der Lastaufnahmeeinrichtungen können Prüfungen in kürzeren Abständen als einem Jahr erforderlich sein. Rundstahlketten, die als Anschlagmittel verwendet werden, müssen in Abständen von längstens drei Jahren einer besonderen Prüfung auf Rissfreiheit unterzogen werden.
  • Vor jedem Gebrauch sollte die Anschlagkette auf offensichtliche Schäden oder Abnutzungserscheinungen einer optischen Kontrolle unterzogen werden. Wenn dabei Beschädigungen festgestellt werden, sollte die Anschlagkette außer Betrieb genommen werden.
  • Vor Verwendung der Ketten ist stets auf das Herstellkennzeichen bzw. auf den Prüfstempel zu achten. Wenn der Anhänger zur Identifikation der Anschlagkette und ihrer Tragfähigkeit nicht mehr vorhanden ist und die nötigen Angaben nicht direkt auf dem Aufhängeglied angebracht bzw. unleserlich sind, sollte die Anschlagkette außer Betrieb genommen werden.
  • Lasthaken sollten immer im Hakengrund und nie auf der Hakenspitze belastet werden. Aufhängeglieder müssen auf dem Lasthaken des Hebezeuges frei beweglich sein, um Biegeeinflüsse zu vermeiden.
  • Verknotete oder verdrehte Anschlagketten dürfen nicht belastet werden. Die Ketten sind vor dem Anheben auszudrehen.
  • Anschlagketten dürfen nicht durch Umschlingen des Lasthakens gekürzt werden. Verkürzungen dürfen ausschließlich mit geeigneten Bauteilen, wie Verkürzungsklauen oder -haken, durchgeführt werden.
  • Anschlagketten dürfen nicht über scharfe Kanten von Lasten gespannt oder gezogen werden. Kanten gelten als scharf, wenn der Kantenradius der Last kleiner ist als die Nenndicke der Rundstahlkette.
  • Bei Anschlagketten, die mehrmals um eine Last geschlungen werden, müssen die Windungen dicht nebeneinander liegen. Die Windungen dürfen sich nicht kreuzen.
  • Lasten dürfen auf Anschlagmitteln nicht abgesetzt werden, wenn das Anschlagmittel dadurch beschädigt werden kann.